Die Krise als Neubeginn

Derzeit hat die Corona-Pandemie weltweit alle Volkswirtschaften fest im Griff. Dabei zeichnen sich erste Auswirkungen auf die Wirtschaft ab: Viele Unternehmen müssen auf Kurzarbeit gehen, Produktionen stehen still, die Tourismus-, Event- und Messebranche sind lahmgelegt und der Einzelhandel hat enorme Umsatzeinbußen. Wir haben bereits in zwei Blogbeiträgen über die Fördermöglichkeiten und die kurzfristigen Krisenmaßnahmen berichtet. Nun möchten wir einen ersten Ausblick wagen.

Klar ist,

dass die Auswirkungen auf die Wirtschaft zum aktuellen Zeitpunkt noch schwer einzuschätzen sind. Es gibt viele Prognosen über die weitere Entwicklung – zu einzelnen Branchen sowie zur Konjunktur im Allgemeinen. So rechnet zum Beispiel IWF-Direktorin Kristalina Georgieva mit einer Rezession, die schwerer ausfallen wird als jene nach der weltweiten Finanzkrise 2009. Mehr als 80 Staaten haben bisher Nothilfen vom IWF beantragt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hält sich aufgrund der unzureichenden Datenbasis mit Prognosen zurück, sieht aber relevante konjunkturelle Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft zukommen. Die Wirtschaftsweisen gaben in ihrem Sondergutachten zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie an, dass sie im Basisszenario für 2020 einen Einbruch der Wirtschaft um circa 2,8 Prozent erwarten. Sollten die Risikoszenarien eintreten, befürchten sie ein BIP-Wachstum von bis zu –5,4 Prozent.

Das Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) sieht ebenfalls eine sehr schwache Weltkonjunktur im ersten Halbjahr 2020, die sich aber – sofern die Pandemie zeitnah eingedämmt werden kann – ab dem Sommer erholen wird. Unter dieser Annahme wagt das IWH in seiner Frühjahrsprognose einen Produktionszuwachs im Jahr 2020 um 0,6 %. Eine Rezession erwartet das Institut, sofern die Ausbreitung nicht drastisch reduziert wird. Auch die jüngste Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) zeichnet kein sehr optimistisches Bild: 20 Prozent der 15.000 befragten Unternehmen sind akut von einer Insolvenz bedroht. Bei den Handwerksbetrieben ist der Umsatz aufgrund der Pandemie um 50 Prozent gesunken, so die neusten Ergebnisse des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Gründe dafür sind maßgeblich stornierte Aufträge sowie Personalmangel wegen Krankheitsausfall oder Kinderbetreuung zuhause. Der Handelsverband Deutschland (HDE) gab Schätzungen heraus, nach denen über 60 Prozent der Einzelhandelsgeschäfte in Deutschland geschlossen sind. Hier wird zwar jetzt vermehrt über den Online-Handel verkauft, die Umsatzeinbußen durch den fehlenden stationären Direktverkauf werden damit aber nicht kompensiert. Nach Aussage des HDE bleiben jeden Tag Einnahmen von circa 1,1 Milliarden Euro aus. Ohne staatliche Soforthilfen droht hier eine massive Pleitewelle.

Branchenexperten der Automobilindustrie,

wie zum Beispiel der Verband der Automobilindustrie (VDA), erwarten einen deutlichen Rückgang bei der PKW-Nachfrage sowie einen massiven Stellenabbau. Damit hat der Sektor nicht nur mit einer grundlegenden Transformation der Branche, sondern zusätzlich mit Produktionsausfällen durch die Corona-Pandemie zu kämpfen. Die dadurch entstehenden Umsatzverluste werden für Deutschland auf bis zu 80 Milliarden Euro geschätzt.

Mediziner und Forscher arbeiten mit Hochdruck an Medikamenten zur Behandlung der Krankheit und an einem Impfstoff zur Bekämpfung des Coronavirus. Durch Ausgangsbeschränkungen wird zudem versucht, die Pandemiegefahr einzudämmen. Sobald diese Maßnahmen Erfolg zeigen, wird der Alltag Schritt für Schritt zurückkehren und die wirtschaftliche Erholung einsetzen. Wie lange das dauert, kann man derzeit nicht seriös abschätzen – das hängt von den medizinischen Fortschritten ab. Zudem rechnen Experten mit indirekten Effekten, die auch nach der Krise fortwirken. So könnten Konsumenten zukünftig etwa noch mehr als heute schon auf den Online-Einkauf setzen, so dass der Einzelhandel zu Anpassungen im Verkaufsmodell gezwungen sein wird.

Damit der Mittelstand für die Zeit nach der Coronakrise optimal aufgestellt ist,

darf der derzeitige Abschwung den Blick nach vorne nicht trüben. Unternehmen sollten trotz der aktuellen Bewältigung der wirtschaftlichen Einbußen und Existenzsicherung auch die strategische Ausrichtung für die Zukunft planen. Fragestellungen können beispielsweise sein:

  • Wird mein Geschäftsmodell zukünftig von einem veränderten Konsumentenverhalten betroffen sein? Wie kann ich mich dementsprechend anpassen?
  • Muss ich wichtige Investitionen auf den Weg bringen, um bestimmte Bereiche krisenfest zu machen (Stichwort Digitalisierung)?
  • Sollte ich meine Lieferantenstruktur ändern und eventuell breiter aufstellen, auch in regionaler Hinsicht?
  • Kann ich meine Produktion effizienter gestalten, um die Kosten in diesem Bereich zu reduzieren und zum Beispiel als Polster für Krisenzeiten vorzuhalten?
  • Wie sollte ich meine Unternehmensfinanzierung strategisch aufstellen, um flexibel und handlungsfähig zu bleiben? Welcher Finanzierungsmix passt am besten – auch für Krisenzeiten?

Wir erleben alle eine aufwühlende, anstrengende und unsichere Zeit – wirtschaftlich, beruflich und privat. Nutzen wir diese Herausforderung zur Weiterentwicklung, Strategieanpassung und dazu, Innovationen auf den Weg zu bringen. Um es mit einem bekannten Songzitat zu sagen:

„Wann, wenn nicht jetzt – Wer, wenn nicht wir?“

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