Was Finanzchefs aus der Krise mitnehmen

Seit einem Jahr sind viele Finanzabteilungen im Krisenbewältigungsmodus – doch auch mit heißer Nadel gestrickte Lösungen und Ad-hoc-Digitalisierungserfahrungen können eine Basis für die Zukunft sein.

Die Corona-Pandemie setzt die Finanzabteilungen weiter unter Druck – gerade seit sich die Lage mit der zweiten Welle und dem erneuten harten Lockdown wieder zugespitzt hatte. Die Beschaffung und der Erhalt von Liquidität stehen klar im Zentrum der Aufmerksamkeit der CFOs. Kurz- bis mittelfristig muss lebensnotwendiges Kapital beschafft werden. Eine konservative Arbeitsweise ist in der akuten Krise oft angeraten. Doch Finanzexperten sollten bei ihren Planungen immer auch die Zukunft des Unternehmens im Blick haben und Freiraum für Weiterentwicklungen schaffen. Genau hierin zeigt sich die andere Seite von Corona: Die Krise erzwingt Innovationen. Dies hat auch das letzte Finance CFO Panel[1]  gezeigt – 70 Prozent der befragten Finanzexperten gehen davon aus, dass in ihrem Bereich infolge der Krise Digitalisierungsmöglichkeiten intensiver genutzt werden. Die Umfrage verdeutlicht außerdem, dass die Digitalisierung des Finanzbereichs und des Geschäftsmodells generell auf der Prioritätenliste vieler CFOs wieder nach oben wandern.

Digitales bietet oft mehr Freiheit

Wie in vielen anderen Lebens- und Wirtschaftsbereichen, treibt die Pandemie auch in den Finanzabteilungen die Digitalisierung von Struktur und Prozessen voran. Fast jeder CFO musste mit seinem Team in der Krise improvisieren und sich ad hoc auf neue Arbeitsweisen einstellen. Ein Beispiel ist die Ansprache und der Kontakt zu Investoren, Finanzierern und anderen essenziellen Stakeholdern. Das ist derzeit oft schwierig und zugleich so existenziell, wie selten zuvor. Um trotz Kontaktbeschränkungen und Reisewarnungen den Fuß bei den Geldgebern in die Tür zu bekommen, wurden Foren, Arbeitstreffen, Meets and Greets oder Konferenzen notgedrungen als digitale Formate adaptiert. Und die praktische Erfahrung von einem Jahr Corona zeigt: Meist funktioniert es. Denn der Aufwand für die Partner ist oft geringer als bei einem physischen Treffen. Sie sind flexibler und können sich von überall her einklinken. Die Teilnehmerzahl bei Online-Ausführungen von Investorenevents ist nicht selten höher als bei analogen Veranstaltungen. Aber mehr Quantität allein führt noch nicht zu erfolgreichen Verhandlungen und lohnenswerten Abschlüssen.

Neue Formate müssen Vertrauen schaffen

Es geht um solide, engmaschige und vertrauensvolle Netzwerkarbeit. Und die braucht persönliche Gespräche, individuellen Austausch – sprichwörtlich den kleinen Rahmen, das kleine Format. Das sollte der CFO auch digital gewährleisten können. Doch hier gibt es in der Abstimmung zwischen Unternehmern und ihren Partnern teils noch Startschwierigkeiten. Diese abzubauen und vertrauenerweckende und praktikable Lösungen bereitzustellen, ist eine der zentralen neuen Aufgaben des CFO. Dafür ist eine gute Abstimmung der Finanzabteilung mit der IT-Ebene des Unternehmens nötig. Zudem müssen der CFO und sein Team die oft spontan angeeigneten Skills ausbauen und festigen. Denn im Umgang mit den digitalen Tools sollten Finanzverantwortliche souverän erscheinen, ihre Gesprächspartner unterstützen und auch bei unverhofften Ereignissen sicher reagieren können.

Ad hoc Erlerntes dauerhaft nutzen

Technologische Spontanlösungen, digitale Praxis, Festigung über permanente Schulungen und der rege Austausch mit den Technik-Experten des Unternehmens – die Anforderungen an CFOs und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich längst verändert. Dieser neue digitale Alltag in den Finanzabteilungen wird sicher auch nicht mit der Corona-Krise enden. Vielmehr geht es heute und in Zukunft darum, die Instrumente, Strukturen und Kompetenzen, die unter Druck entstanden sind, zu festigen und zu standardisieren. So genießen die Unternehmen auch in ruhigeren Zeiten durch die Erfahrungen und Tools der Krise mehr Freiheiten.

[1] Quelle: https://www.finance-magazin.de/research/panels/cfo-panel/

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